Vertrauen


Bei der "Repräsentativen Demokratie", zu der auch unser politisches System gehört, bleibt für das Wahlvolk nur ein Kriterium seine Volksvertreter auszuwählen: Vertrauen.

Vertrauen darauf, dass die gewählte Partei oder einzelne zu wählende Kandidaten oder Kandidatinnen, während der Legislaturperiode jene Politik machen werden, wofür sie die Wähler am Wahltag gewählt haben. PolitikerInnen sind in der repräsentativen Demokratie dafür verantwortlich, dass die in der Wahlauseinandersetzung gemachten Versprechen eingehalten werden. Denn ist das Kreuzerl einmal gemacht, haben die Wähler alle Macht für viele Jahre an die RepräsentantInnen delegiert und sie haben keine Möglichkeit korrigierend einzugreifen. Die Vergangenheit hat oft genug gezeigt, dass Wunsch und Wirklichkeit hier extrem weit auseinander klaffen.

Nur um ein Beispiel eines solchen Vertrauensbruches anzuführen, eignet sich der Fall der Studiengebühren in den Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ-Gusenbauer und ÖVP-Molterer besonders gut. Natürlich, es gibt viele andere Beispiele auch, aber ich möchte dieses exemplarisch herausgreifen, weil es ganz klar zeigt, wie Vertrauensbruch bereits vor einer Wahlentscheidung gesetzt werden kann.
Vor der Wahl versprach Gusenbauer, unter seiner Regierung werde es keine Studiengebühren geben. Doch in den Koalitionsverhandlungen musste er dieses Versprechen brechen, weil es mit der ÖVP nicht zu realisieren war. Gut, jetzt könnte man sagen, Gusenbauer musste sich dem Diktat der ÖVP beugen, um überhaupt eine Regierung zustande zu bringen. Das wäre aber nur die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit ist, Gusenbauer wusste bereits während des Wahlkampfes, dass dieses Versprechen mit der ÖVP nicht einzuhalten ist. Die Jugend, besonders die gebildete Jugend, stellte ein beachtliches Wählerpotential auf das er nicht verzichten wollte. Für die studierende Jugend und ihre Eltern war jedoch die Nichteinführung der Studiengebühren ein wichtiges Wahlmotiv. Weiters wusste er aber auch, die SPÖ wird niemals eine absolute Mehrheit bekommen, um in der Frage allein entscheiden zu können und auch sonst zeichnete sich keine andere mehrheitsfähige Konstellation ab mit der er dieses Wahlversprechen realisieren könne. Also blieb nur eine Zusammenarbeit mit der ÖVP, die in dieser Frage aus ideologischen Gründen keinesfalls nachgeben würde. So war bereits während der Wahlauseinandersetzung absehbar, dieses Versprechen gegenüber seinen jungen Wählern ist nicht realisierbar. Er versprach es trotzdem und enttäusche hunderttausende Wähler bereits am 1.Tag seiner Kanzlerschaft.



Vertrauen ist jedoch keine Einbahnstraße


Das ist die eine Seite des Vertrauens, nämlich jene, dass Wähler den Politikern entgegen bringen (müssen). Es gibt aber noch eine 2. Seite und die ist in einer funktionierenden Demokratie mindestens genauso wichtig. Das Vertrauen der Politiker in die Wählerschaft, sie wird bei der Wahlauseinandersetzung genau zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden und nach diesen Gesichtspunkten ihre Entscheidungen treffen und sich auch nicht von sonstigen Äußerlichkeiten leiten lassen. Rechtschaffene PolitikerInnen oder Parteien sollten also darauf vertrauen können, auch die Wähler gehen mit der Wahrheit verantwortungsvoll um und unterscheiden sehr genau, welche Versprechen glaubwürdig und wahr sein können und was leere, unerfüllbare Versprechen sind. Das setzt voraus, die Wähler benützen vor einer Wahlentscheidung ihren Verstand und nützen Informationsquellen für die Meinungsbildung, die vertrauenswürdig sind. Dabei kommt natürlich den verantwortungsvollen Medien ebenfalls eine hohe Sorgfalts- und eine kritische Informationspflicht zu. Der Wahrheitsgehalt von politischen Aussagen ist mit allen Konsequenzen zu hinterfragen, denn halbe Wahrheiten sind ganze Lügen, die es aufzudecken gilt.


Auch hier möchte ich ein exemplarisches Beispiel anführen, welches für die nächste Nationalratswahl zu bedenken gilt. Es geht um den inszenierten Eklat mit Italien durch Sebatsian Kurz, der verlangt, die Flüchtlinge sollten auf den Inseln bleiben und nicht auf das Festland gebracht werden, denn sie könnten nach Österreich einsickern und unser Sozialsystem ausnützen. Dazu müsse Österreich die Brenner-Grenze schützen. Prompt hat der rote Verteidigungsminister Panzer in Innsbrucks Kasernen deponieren lassen, die im Bedarfsfall rasch an die Brenner-Grenze gebracht werden können. Panzer für einsickernde Flüchtlinge! Also im sprichwörtlichen Sinne ausgedrückt: Mit Kanonen auf Spatzen schießen. Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen. Damit wird der österreichischen Bevölkerung und den Wählern sigalisiert, diese Bundesregierung tut alles um die Sicherheit dieses Landes zu gewährleisten.


Das ist genau jene halbe Wahrheit und daher eine arglistige Täuschung der Wähler, die es zu durchschauen gilt. Die ganze Wahrheit sieht nämlich so aus: Mit Urteil des EUGH ist eindeutig geklärt, dass das Schengen-Abkommen gilt und demgemäß ist jenes Land für die Asylverfahren zuständig, in welchem Flüchtlinge EU-Boden erstmals betreten. Das ist einmal Italien, eventuell auch Spanien, wenn es um Flüchtlinge der Mittelmeerroute geht. Das heisst also, sollten Asylwerber über die Brenner-Grenze nach Österreich kommen wollen, werden sie in Österreich kein Asylververfahren bekommen und daher auch unsere Sozialtöpfe nicht strapazieren können. Auf den Buchstaben des Schengen-Abkommens gebracht, bedeutet dies, Österreich ist ein Kernland, welches von EU-Ländern umgeben ist, aus denen wir keine Flüchtlinge übernehmen müssten, wenn wir dies nicht wollen. Außer, die Flüchtlinge kommen per Flugzeug bei uns an und betreten auf diese Weise erstmals EU-Boden. Was aber nicht bedeutet, dass Österreich in dieser Frage nicht auch eine humanitäre Verantwortung trägt, aber diese spielt sich auf einer anderen Ebene ab. Das weiß Sebastian Kurz natürlich, es gehört zur Kernkompetenz eines Außenministers, aber es ist so ein tolles Thema für den Wahlkampf, weil es Ängste schürt und den Ruf nach dem starken Mann unterstützt. Das ist genau jener arglistige Versuch einer Wählertäuschung, den es zu durchschauen und durch Stimmentzug zu bestrafen gilt.

Dagegen hat er bis heute noch kein Wort darüber gesagt, wie er, sollte er Bundeskanzler werden, unser Land führen wird. Das will er erst kurz vor der Wahl tun, denn seiner Meinung nach sollte der Wahlkampf "kurz und knackig" werden, das heisst, die Wähler sollten wenig Zeit haben über die Vor-und Nachteile seines Programms zu diskutieren. Das wird schon seine Gründe haben warum er das tut. Ganz offen gesagt, mein Misstrauen ist derart groß, dass er weder die Fähigkeiten für eine Kanzlerschaft besitzt, noch die Lauterkeit. Lauterkeit ist aber ein hoher menschlicher und politischer Wert. Als Messlatte gilt für mich, was er per Unterschrift zugesagt hat und wie er danach handelte. Denn mit seiner Unterschrift hat er sich noch im Jänner dieses Jahres verpflichtet, ein ganz bestimmtes Arbeitsprogramm dieser Bundesregierung bis zum Ende dieses Jahres abzuarbeiten. Er hat dieses Abkommen als Teil der Regierungsmannschaft persönlich unterschrieben, aber im Hintergrund schon längst an der Zerstörung dieser Koalition konspirativ gearbeitet. Zwischen seiner Unterschrift und der Auflösung der Koalition durch ihn selbst liegen 4 Monate (!). Ein derart schäbiges Verhalten ist eines Mannes nicht würdig, der Bundeskanzler werden will. Prinzipiell sollte gelten, PolitikerInnen, auf deren Unterschrift man sich nicht verlassen kann, haben in einem demokratischen Parlament nichts verloren. Aber auch eine Partei, die solches Verhalten unterstützt und, wie Kurz, dann auch noch - ohne Wenn und Aber - zu ihrem Obmann, schlimmer noch, zu ihrem Guru kürt, hat das Vertrauen der Wähler nicht verdient. Ganz abgesehen von der sehr zweifelhaften Politik der vergangenen Jahre, die von dieser Partei ausging.

Daher glaube ich, dass ehrlich und korrekt arbeitende Parteien oder Mandatare dieses Parlaments darauf vertrauen sollten dürfen, Wähler werden unredliches Verhalten nicht mit ihrer Stimme in der Wahlkabine belohnen, sondern mit der roten Karte, sprich mit Stimmverweigerung für einen solchen Kandidaten bzw. für eine solche Partei. Lügen und Halbwahrheiten dürfen bei einer Wahlauseinandersetzung keinesfalls belohnt werden!